HWR

 

Ein Kunde von mir hatte nach abgeschlossener Fallturmkampagne eine 0,4l Pressluft Stahlflasche übrig, die er mir mit dem Hinweis schenkte, man könnte ja mal daraus eine HWR (Heißwasserrakete) bauen. Tja, 5 Minuten darüber geschnackt, ein halbes Jahr daran gearbeitet.

Damit dieses Projekt nicht zum Pfenniggrab wird, habe ich mir zur Pflicht auferlegt, das dieses Projekt ein sogenanntes 0-Euro-Projekt wird. Bis heute habe ich das durchhalten können.

Hier also das vorläufige Ergebnis:

 

Die Stahlflasche besteht nach Herstellerangaben aus 34CrMo4 und hat einen Prüfdruck von 300bar. Der critical mechanical stress value (konnte ich wirklich schlecht übersetzen; ist das der Berstdruck?) beträgt 750..1000 MPa. Lt. Tabellenbuch eines ehemaligen Kollegen "Schnaubi" hat dieser Stahl einen Zugfestigskeitsverlust von 8% bei 200°C. Da ich aber nur mit etwa 50 bar bei 200° arbeiten wollte, sollte das zum Thema Sicherheit genügen. Also weiter. Ist ja im Prinziep alles ganz einfach. Düse gedreht, Ventil und Heizung entwickelt und gebaut und schon gehts los.

 

Düse:

Zum Thema Düse gibts natürlich enorm viele Informationen; zum Schluß heißt es aber Einfach: Kegeldüse L=2*D. Also Skizze angefertigt und flugs zu BCS, der sich gerade vor einigen Wochen eine Drehbank zugelegt hatte. Die Zeichnung der Düse ist so ausgelegt, daß sie genau in die Flaschenventilverschraubung passt und radial mit einem o-Ring und axial mit einem Kupferring dichtet. Zudem ist innerhalb der Düse eine geriebene 6mm Bohrung angelegt, die den Dichtungsdorn mit zwei O-Ringen aufnehmen kann. 

 

Als nächstes hat Hermann mir dann den Dichtungsdorn aus ST37 gedreht.

 

Heizung:

Am wenigsten thermischen Verlust hat eine HWR wenn das Wasser direkt geheizt wird, also die Heizwendel im Wasser positioniert ist. Dazu benötigt man aber eine thermisch- und druckfeste elektrische Durchführung durch die Behälterwandung. Hier eignet sich besonders gut eine Zündkerze. Habe also eine alte Zündkerze von meiner XL mitgebracht und Hermann hat mir auf der Drehbank ein Gewinde mitsamt Dichtfläche in die Flaschenoberseite gedreht. Da die Flasche an der Stelle aber nur 5mm Wandstärke hat, war uns das zu gefährlich und so hat er vorher die Flasche an der Stelle mit ST37 verstärkt.

Als nächstes habe ich die Heizwendel ausgelegt. Habe von einem alten Freund eingehülste Glühwendel geschenkt bekommen und hieraus die Heizung gebogen. Mit dem Wasserstoffbrenner habe ich dann die Glühwendel mit abgelängten Teflondrähten auf der richtigen Länge mit der Zündkerze verbunden. Das ganze ist so ausgelegt, daß sie mit Faktor 3 Überlast arbeitet. Sie kann ja im Wasser ihre Wärme viel besser losweden. Außerdem werden so kurze Aufheizzeiten erreicht und dadurch der Gesamtenergieverlust klein gehalten.

Für interessierte hier einige Berechnungen dazu.

 

Um zu wissen, wann die Temperatur erreicht ist, braucht man natürlich ein Thermometer. Habe zuhause einen Umsetzer gefunden, der Thermocouple Typ k in mV umsetzt. Diser Wert wird mit einer digitalen mV Anzeige direkt an der Rakete angezeigt. Der eigendliche Sensorkopf ist direkt an der Flasche in Höhe des Wassers angelegt und mit einem Bleistreifen und einer Schelle befestigt.

           

Die mechanische Verbindung zwischen Motor und Rakete wird mit zwei Pertinaxscheiben, welche zur Abwärmeabfuhr gelocht ausgeführt sind, verbunden. (Wieder Hermann und seine Drehbank - Danke!)

Schnaubi hatte noch Reste von Hochtemperatur-Keramik-Wollisolation, die er eigendlich entsorgen wollte, übrig. Mit der habe ich den Motor isoliert und ihn anschließend mit verkupferter Glas-Schweißschutzmatte umwickelt.  

   

Das Gehäuse:

besteht aus einem neuen Abflußrohr welches Paul, mein Nachbar mir geschenkt hat. Das Leitwerk ist aus Aluminium gefertigt und ist mit 4mm Schrauben und Aluwinkeln am Kanalrohr befestigt.

 

Die Spitze:

Hierfür habe ich Reste vom Trittschallschutz, der normalerweise unter dem Estrich seinen Einsatzort findet, zusammengeklebt und mit einem heissen Draht über eine Kulisse in Form geschnitten. Danach auf der Standbohrmaschine kurz mit Schleifpapier übergedreht - Fertig.

 

Bergungssystem:

Eigendlich wollte ich die Rakete nach dem Start ohne Bergungssystem einfach zerstörend in den Boden rammen aber die Verantwortlichen auf dem Truppenübungsplatz bei Walsrode haben ausdrücklich auf ein Bergungssystem bestanden. Also habe ich den Flaggenstoff einer japanischen Werbeflagge (fragt per email woher ich die habe) meiner Schwester (Schneidermeisterin) mitgegeben und nach kurzer Zeit einen phatastischen Fallschirm in Kappenform wiederbekommen. Flugs noch einen pyrotechnischen, zeitgesteuerten Auslösemechanismus zusammengelötet und unter der Spitze auf einer weiteren Pertinaxplattform montiert. Per Zündung eines kleinen Sylvesterknallers wird dann zeitgesteuert nach dem Start der Schirm misamt Spitze aus der Rakete geballert.

 

 Startrampe:

Die Startrampe besteht aus einem Stahldreieck und senkrecht stehenden Leitstählen. Mittig auf dem Dreieck ist der Düsenverschlußdornn aufgestellt. Zwei Bänder halten die Rakete an der Rampe fest. Ein Pneumatikzylinder überwindet ein Losbrechmoment der verbackenen O-Ringe.

Für Tests bei mir im Garten ist die Rakete zusätzlich mit Fangleinen gesichert, damit sie nicht mehr als 20cm abhebt.

Nachdem 80% Wasser aufgefüllt ist, wird die Rakete auf der Startrampe positioniert. und verbunden. Dann per Multicore aus Sicherheitsgründen aus 20m Entfernung aufgeheizt. Während des Heizens die Spannungs- und Temperaturwerte mitgeschrieben. Wenn 220°C erreicht, Strom abstellen, Halteleine durchbrennen und pneumatik starten - Die Rakete hebt ab.    

           

 

 Nach einigen Tests und der Erweiterung der Durchlaßbohrung der Düse auf 3 mm gings dann zum Rocket Launch Day der HSB auf dem Truppenübungsplatz bei  Walsrode.

 

           

           

       

 

Leider verhakte sich eine der Festhalteleinen und die Rakete blies ihren ganzen Wasserdampf zwei cm über der Startrampe in die Luft. Dennoch bedeckte 3 sekunden später der Fallschirm mit einem lauten Knall die Rakete.

Einen weiteren Startversuch wird es auf alle Fälle geben - werde dann an dieser Stelle davon berichten.